Alle Kulturen haben den Kreislauf der Natur genau beobachtet. Viele religiöse Feste und Feiertage sind wie Meilensteine oder Haltestellen im Jahreszyklus. Erntefeste sind so alt wie die Menschheit. Jeder Bauer und jede Gärtnerin weiss, dass ohne Regen und ohne Sonne nichts wächst. Wir können beim Wachsen helfen, können ackern und pflegen. Letztlich sind wir aber von der Natur abhängig. Am Erntefest bedanken wir uns beim Grösseren, bei der Natur, bei Gott.
Der christliche Festtagskalender sieht für das Erntedankfest keinen bestimmten Tag vor. An den meisten Orten wird es am ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Das wäre dieses Jahr der 1. Oktober. Im Bündnerland aber feiert man Erntedank am 15. Oktober. Das amerikanische Erntedankfest «Thanksgiving» findet sogar erst im November statt. In der Schweiz gehören auch alte Traditionen dazu, wie Alpabzüge, wo das Vieh feierlich mit Kränzen und Glocken geschmückt ins Tal hinunterzieht. Obwohl heute nur noch eine Minderheit der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig ist, sind die Feste nach wie vor beliebt. Die Kirchen werden farbenfroh geschmückt und Korn, Obst und Früchte werden vor den Altar gelegt. Man dankt Gott für die «Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit». Die Christinnen und Christen erinnern sich daran, dass die Früchte der Natur nicht selbstverständlich existieren, sondern Teil der göttlichen Schöpfung sind.
Sukkot, das Laubhüttenfest war ursprünglich auch ein Erntedankfest. «Wenn die Getreide- und die Weinernte eingebracht ist, sollt ihr sieben Tage lang das Laubhüttenfest feiern», so steht es im Tanak, im Alten Testament. Sukkot beginnt dieses Jahr am 5. Oktober. Wie alle jüdischen Feste beginnt auch Sukkot am Vorabend des eigentlichen Feiertages, bei Sonnenuntergang. Bis dann muss die Sukka, die Laubhütte fertig gebaut sein. Während der kommenden 7 Tage darf
man nicht mehr im Haus wohnen, sondern die ganze Familie isst und schläft in der Sukka. «Sieben Tage lang sollt ihr in Hütten wohnen, damit die kommenden Generationen wissen, dass ich die Kinder Israels in Hütten wohnen liess, als ich sie aus Ägypten herausführte – ich, der Ewige, bin euer Gott.» Die Hütten müssen zwar vier Wände haben, dürfen aber nur mit Laub und Zweigen gedeckt werden: Man muss die Sterne sehen!
Text: Beat Röösli
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