Der Glaube an ein neues Leben

Unser Leben hat Übergänge und Schwellen. Wir gehen von einem Raum in den nächsten. Geburt, Jugend, Erwachsensein, Alter, Tod. Alle Religionen und Kulturen feiern diese Übergänge mit Ritualen.

Juden, Christen und Muslime glauben an den einen Gott, der uns nach dem Tod in einer neuen Welt wieder zum Leben aufwecken wird. Wir glauben an die Auferstehung der Toten. Wie und wann genau diese Auferstehung sein wird, weiss niemand. Geheimnis des Glaubens. Wenn jemand stirbt, macht das sehr traurig. Die Bestattungsrituale helfen uns dabei, Abschied zu nehmen, uns gegenseitig zu trösten und auf ein Wiedersehen bei Gott zu hoffen.

Ich war bis jetzt an zwei Beerdigungen. Von meinem Grossvater und meiner Tante. Beide sind auf dem jüdischen Friedhof. Dort bleiben die Gräber für immer. Darum hat es auch sehr alte Grabsteine darunter. Wenn wir die Gräber besuchen, legen wir kleine Steine auf den Grabstein. Wir wollen damit sagen, dass wir den Verstorbenen nicht vergessen haben. An der Beerdigung meines Grossvaters hat der Rabbiner eine Rede gehalten und mein Vater hat den Lebenslauf von seinem verstorbenen Vater gelesen. Wir haben gebetet und jeder von uns hat drei Schaufeln Erde auf den Sarg geworfen. «Denn du bist Erde und sollst wieder zu Erde werden.» Dann machten alle Leute ein Spalier; und wir schritten zum Friedhof hinaus. Das bedeutet: Wir kehren zurück ins Leben. Das find ich sehr schön.

Ich habe als Ministrantin schon an einigen Beerdigungen teilgenommen. Dieses Jahr waren es vier. Es klingt vielleicht komisch, aber ich mag die Trauergottesdienste und Beerdigungen. Sie sind feierlich und ernst. Die Lebensläufe sind spannend. Wir zünden eine Kerze an und nehmen das Feuer von der Osterkerze. Wir gehen als Ministranten mit dem Kreuz voran, wenn der Sarg von der Kirche auf den Friedhof gebracht wird. Manchmal ist es auch eine Urne mit der Asche des Verstorbenen. Auf dem Friedhof segnet unser Pfarrer das Grab. Auch mit Weihrauch. Wir beten zusammen und am Schluss kommt: «Herr, gib ihr und allen Verstorbenen die ewige Ruhe. Und das ewige Licht leuchte ihnen. Lass sie ruhen in Frieden. Amen.»

Mein Onkel ist hier in der Schweiz gestorben. Er wollte aber in der Türkei, in seinem Heimatdorf beerdigt werden. Mein Onkel war krank und wusste, dass er sterben wird. Er hat die Beerdigung in der Türkei noch selber organisiert. Es war ihm sehr wichtig. Vor der Beerdigung war eine grosse Prozession. Mehr als hundert Leute begleiteten den Toten zum muslimischen Friedhof. Das war sehr eindrücklich. Bei uns sind die Gräber Richtung Mekka ausgerichtet. Wie beim Beten. Die Toten werden bei der Auferstehung Richtung Mekka blicken. Sie treten vor Gott. Der Imam zitiert aus dem Koran: «Aus Erde haben wir euch erschaffen und zu Erde lassen wir euch zurückkehren und aus ihr lassen wir euch auferstehen ein andermal.»